Wie werden eigentlich unsere Stauden produziert?
Ein Blick hinter die Kulissen eines traditionellen Manufaktur-Produkts
Wie ihr wahrscheinlich schon mitbekommen habt: Ich brenne für Stauden! Es sind für mich einfach die besten Gartenpflanzen: Es gibt wunderschöne Sorten, viele von ihnen haben eine lange Blütezeit und sind sehr robust. Aber das Beste ist: nichts im Garten ist so pflegeleicht wie ein Staudenbeet, vorausgesetzt es ist gut durchdacht und die Stauden passen zum Standort.
Es war schon lange an der Zeit, euch einen Einblick zu geben, wie unsere Stauden eigentlich produziert werden. Was viele nicht wissen ist, dass diese Pflanzen echte Manufaktur-Produkte sind. Vor drei Wochen habe ich unsere Kooperationsgärtnerei in Niedersachsen besucht und will euch heute dorthin mitnehmen.
Stauden sind mehrjährige krautige Pflanzen, die jedes Jahr einen neuen Austrieb entwickeln, teilweise Wochen oder Monate lang blühen, um sich dann in den Herbst- und Wintermonaten wieder in die Erde zurückzuziehen. Die oberen Pflanzenteile sterben ab und die ganze Kraft geht in die Wurzel, um im Frühjahr für einen erneuten Austrieb zu sorgen.
Stauden können über Samen vermehrt werden oder vegetativ. Das bedeutet sie werden über Stecklinge oder Teilung von Mutterpflanzen vermehrt. Diese Methode ist sehr aufwendig, benötigt viel Platz und wird heutzutage nicht mehr von vielen Gärtnereien durchgeführt.
In unserer Kooperationsgärtnerei werden jedes Jahr über eine halbe Millionen Stauden produziert, viele von ihnen über Mutterpflanzenvermehrung. Ich hatte die Gelegenheit, die großen Mutterpflanzenbeete zu besichtigen und es war eindrucksvoll zu sehen, wie unfassbar schön diese Pflanzen auch noch im Oktober geblüht haben.
Sogenannte Zierpflanzen, die ihr häufig in Garten-Centern oder in Baumärkten findet, werden im Gegensatz zu Freiland-Stauden ausschließlich über Samen vermehrt. Im Gewächshaus werden sie mit viel chemischem Dünger großgezogen, um sie dann mit sogenannten Stauchungsmitteln buschiger wachsen zu lassen, damit sie besser transportabel sind.
Früher dachte ich, dass der buschige und kleine Wuchs dieser Pflanzen dem Geschmack der Kundinnen geschuldet ist, die mit der Wildheit langer Stiele nichts anfangen können. Mittlerweile weiß ich, dass es lediglich um einen effizienten Transport im LKW geht.
Unsere Stauden sind komplett frei von diesen chemischen Stauchungsmitteln, im Zweifel werden sie einfach vor dem Versand etwas beschnitten. Ein Vorgang, der die Staude in ihrem Wachstum eher stärkt, als schadet. Auch kommen keine chemischen Dünger im Laufe des Wachstumsprozesses an unsere Pflanzen. Falls es mal zu Problemen mit Schädlingen wie beispielsweise Blattläusen kommt, werden in der Regel Nützlinge eingesetzt, um die Stauden vom Befall zu befreien.
Das Wichtigste bei der Produktion ist aber: Sie werden komplett im Freiland kultiviert und nicht im Gewächshaus. Nur dieses Verfahren verleiht der Staude ihre wirkliche Robustheit und Winterhärte. Auch kleinste Pflänzchen sind unseren Klimabedingungen von Beginn an ausgesetzt. Durch die Gewöhnung an niedrige Temperaturen und klimatisch schwierige Bedingungen, könnt ihr auf die Winterhärte unserer Stauden vertrauen.
Viele Pflanzen im Garten-Center oder Baumarkt werden heute so produziert, dass sie genau zur Verkaufszeit möglichst viele Blüten zeigen, damit die Kundin zugreift. Häufig erlebt sie schon einige Wochen später die Enttäuschung, wenn alles verblüht ist und auch im nächsten Jahr nicht mehr ansatzweise so üppig blühen wird.
Unsere Stauden kommen bei euch meistens in einem sehr unspektakulären Zustand an. Meist sind nur ein paar Blätter zu sehen, je nach Jahreszeit möglicherweise auch gar nichts. Immer wieder bekommen wir erstaunte Kundenfragen danach, wo denn bitte jetzt die Blüten sind.
Das entscheidende Qualitätsmerkmal ist jedoch der sehr gut durchwurzelte Ballen, den ihr seht, wenn ihr das Pflänzchen aus dem Topf hebt. Hier steckt die ganze Kraft der Pflanze drin. Und wenn die Staude etwas Zeit zum Einwurzeln in eurem Garten bekommt, wird sie zu ihrer Blütezeit innerhalb von ein bis drei Jahren zur vollen Schönheit reifen. Achtet also auf den Wurzelballen!
Die beste Pflanzzeit für Stauden ist der Herbst, also genau jetzt, wenn es draußen kühl und matschig wird. Der Boden ist noch erwärmt vom Sommer, die Regenmenge nimmt zu, und die Staude kann es sich erst mal gemütlich machen und im Boden ruhen, bevor sie mit voller Kraft im nächsten Jahr austreiben wird. Ich bin immer wieder erstaunt, welchen unglaublichen Vorsprung Stauden haben, die im Herbst gepflanzt werden im Vergleich zu denen, die erst im Frühjahr gesetzt werden.
Stauden aus echter Freilandkultur, Mutterpflanzenvermehrung und die Vermeidung von chemischen Düngern – all das macht unsere Stauden zu einem echten Naturprodukt. Die Produktion ist im Vergleich zum Preis erschreckend aufwendig und funktioniert nur, wenn sie in großen Mengen geschieht. In unserer Kooperationsgärtnerei werden Stauden auf diesem Weg seit mittlerweile über 128 Jahren traditionell hergestellt. Und ich hoffe, dass dieser kleine Einblick eure Wertschätzung für diese wunderbaren Pflanzen steigern wird!